13. August 2019

Nicht schon wieder ein Karree!

13. August 2019

Kaufen, entwickeln, verkaufen – und für den gewinnbringenden Exit ein bisschen Marketing. Das ist in der Immobilienbranche gängige Praxis. Sie ist ebenso zweifelhaft wie das ihr innewohnende Verständnis von Marketing: Logo, Name von der Stange, Hochglanzbroschüre und manchmal ein blumiger Imagefilm, am besten eingebettet in eine mit allerlei Effekten versehene Webseite. Fertig. Und im Zweifel wiederverwendbar.

 

Der Effekt solcher Maßnahmen bleibt weit hinter dem zurück, was Marketing zu leisten imstande ist. Denn es kann entscheidend zur erfolgreichen Repositionierung von Objekten beitragen – und diesen Anspruch sollten Marketingverantwortliche auch haben. Dazu gehört, frühestmöglich in das Projekt einzusteigen – nicht nur planerisch, sondern oftmals, abhängig von den verschiedenen Interessenlagen und Konfliktpotenzialen vor Ort, auch unmittelbar handelnd. Natürlich geht es im Ankaufsprozess auch darum, den Bedarf abzuschätzen und ein Budget festzusetzen. Ja, Marketing kostet Geld, aber bei weitem nicht so viel, wie vielfach angenommen (oder tatsächlich ausgegeben) wird. Anders ausgedrückt: Wenn Marketing einen spürbaren Mehrwert generiert, weil es die Mieter mit dem Standort verbindet und Loyalität gegenüber dem Vermieter begründet, weil die Gemeinde dank hoher Authentizität Bauvorhaben schneller absegnet, weil sich ein durchdachtes Immobilienprodukt besser vermarkten lässt, kurzum: wenn Marketing sinnstiftend und nutzbringend ist, dann relativieren sich die Kosten. Zumal diese für individuelles und damit zielführendes Projektmarketing zumeist deutlich geringer ausfallen als jene für die oben aufgeführten Pauschalmaßnahmen, deren Sinnhaftigkeit man ausdrücklich hinterfragen muss.

 

Apropos „Projektmarketing“: Der Begriff deckt zugegebenermaßen nicht das ab, was wir BEOS unter Projektmarketing verstehen. Uns geht es im Kern darum, Standortidentitäten zu schaffen. Im wissenschaftlichen Kontext ist dieser Marketingansatz noch weitgehend unbeleuchtet. Ihm wohnt der Anspruch inne, etwas zu kreieren und Standorte (wieder) zu beleben. Das gelingt nicht, indem im stillen Kämmerlein Konzepte (mit oder ohne Broschüre) ausgearbeitet oder immer wieder aufs Neue die gleichen Schablonen verwendet werden. Für eine erfolgreiche Repositionierung gilt es vielmehr, alle Stakeholder einzubinden – neben aktuellen und potenziellen Nutzern einer Immobilie oder eines Areals auch und vor allem Anwohner und Nachbarn, Kommunen und Gemeinden, Interessenverbände und Politik. Vor Ort und im persönlichen Kontakt.

 

An dieser Stelle offenbart sich (im Idealfall) eine weitere Kompetenz von Marketern: interdisziplinäres Arbeiten, sowohl nach innen als auch nach außen gerichtet. Um eine Standortidentität zu schaffen, ist verzahntes Arbeiten essenziell, insbesondere mit dem (Asset-) Manager des jeweiligen Projekts. Sie oder er ist derjenige, der die Immobilie am besten kennt und im engen Austausch mit den Mietern ist. Sie sind der primäre Adressat, ihre Bedürfnisse und Wahrnehmung eines Areals entscheidend für die Entwicklung einer Standortidentität. Nichts ist schädlicher, als einem Standort eine Identität überzustülpen, die sich für die Nutzer nicht natürlich und für das Umfeld wie ein Fremdkörper anfühlt. Die Aufgabe, dies nicht nur sicherzustellen, sondern Strahlkraft über die Grundstückgrenzen zu ermöglichen, fällt dem Marketing zu. Natürlich wird das in den seltensten Fällen eine Person alleine bewerkstelligen. Auch hier kommt wieder Interdisziplinarität zum Tragen, wenn es gilt, verschiedene Fähigkeiten, externe Expertise an einem Tisch – an einer Werkbank – zusammenzubringen, sei es für die Entwicklung von Leitsystemen, für die Kreation eines Standort-Designs oder für die laufende Kommunikation.

 

Auch das sollte man sich bewusstmachen: Eine Standortidentität ist niemals ein in sich abgeschlossener Zustand, nicht, wenn es richtiggemacht wurde. Denn dann „atmet“ ein Areal, bezieht sein Umfeld ein und umgekehrt und entwickelt sich fortlaufend weiter. So bleibt Markenführung auch in diesem konkreten Fall eine Illusion. Wohin die Zielgruppe eine Marke, respektive die Identität eines Standorts, trägt, ist nicht diktierbar. Im besten Falle – und das ist das Ziel allen hier Gesagten – gehen Nutzer und Umfeld den eingeschlagenen Weg weiter. Stichwort: Authentizität. Das bedeutet auch, dass (Projekt-)Marketing als ein laufender Prozess zu begreifen ist. Events für Mieter (übrigens die gesamte Belegschaft und nicht etwa nur die Geschäftsführung), die Begleitung von Ausstellungen, Updates bei Veränderungen auf einem Areal, und ja, auch Publikationen abseits der Hochglanzbroschüre gehören dazu. Denn es geht auch darum, etwas zurückzugeben und für geschenktes Vertrauen zu danken.

 

Das klingt sehr zeitintensiv und aufwändig? Ist es. Und es ist ebenso lohnend. Ich spreche nicht nur mit Blick auf einen Exit, auch wenn uns Berater und Partner regelmäßig spiegeln, wie viel einfacher Immobilien sich vermarkten lassen, wenn sie ein stimmiges Produkt darstellen. Doch das ist nicht der Hauptantrieb und er sollte es nicht sein. Die gesamte Branche bemüht sich seit Jahren um Professionalisierung. Das muss sich auch im Marketing und ganz besonders im Projektmarketing spiegeln. Das alles ist kein Selbstzweck. Uns als BEOS geht es in erster Linie darum, als guter Vermieter wahrgenommen zu werden. Dass wir Orten eine Identität (zurück)geben, belohnen unsere Mieter mit Loyalität.

 

Mit freundlicher Empfehlung

Nina Krasemann
Leiterin Marketing

 

Dieser Beitrag erschien am 27.06.2019 auf polis-magazin.com.

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